AG Bildung

Sahras Wochenschau über die hausgemachte Bildungskatastrophe, akuten Lehrermangel und ein dysfunktionales Schulsystem, das Kinder aus ärmeren Familien benachteiligt und im Stich lässt. Wir alle hören sie täglich: Die Klagen über den Fachkräftemangel. Nicht nur in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, in der Gastronomie und großen Teilen des Handwerks, sondern auch in Bereichen wie Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik werden von vielen Unternehmen verzweifelt Fachkräfte gesucht. Was ist da eigentlich los? Haben wir zu wenig Leute, die wir zu Fachkräften ausbilden können? Sind wir plötzlich zu blöd für eine ordentliche Ausbildung? Oder liegt es nicht eher an einem chronisch unterfinanzierten, desolat organisierten und von spinnerten Bildungsideen zusätzlich geschwächten Schulsystem? Wie kann es sein, dass gerade mal die Hälfte aller Grundschüler die Regelstandards in Deutsch und Mathematik beherrscht und über zwei Millionen junge Menschen über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen?

"Die erste Bachelor-Generation besteigt gerade die Lehrstühle. Menschen, die handwerklich perfekt ausgebildet sind, die hegemoniale Ideologie verinnerlicht haben und als Werbeträger für ein System taugen, das akademische Bestätigung braucht, um weiter »Demokratie« sagen zu können. ... Diese Generation bestimmt schon jetzt, was »gute Wissenschaft« ist. Sie füllt Fachzeitschriften, Tagungsprogramme und so schließlich auch Lehrbücher, Vorlesungen und Seminare – mit Themen, Perspektiven und Begriffen, die sie der politischen Agenda und den damit verlinkten Ausschreibungen entnommen hat und die sie nicht hinterfragt, weil sie das nirgendwo lernen konnte.
Im Gegenteil: Die neuen Kollegen schreiben sofort auf die Visitenkarte, wenn Gesundheits- und Sicherheitsbehörden, Medienaufseher oder gar Google nach ihnen fragen. Der Einfluss von Staat und Konzernen geht dabei über Fördertöpfe oder Auszeichnungen hinaus. An meinem Institut gibt es zwei Professoren, die an allen Gremien der akademischen Selbstverwaltung vorbei gewissermaßen »von oben« platziert worden sind – einer von Volkswagen und einer von der Landesregierung. Beide forschen zu Künstlicher Intelligenz. Bei beiden hatte weder die Frauenbeauftragte etwas zu sagen (an der LMU heißt das bis heute so) noch irgendein Studentenvertreter.
Manche Professoren haben die Stirn gerunzelt, aber wie das so ist mit einem geschenkten Gaul. Die beiden Kollegen werden uns helfen, bei Shanghai und überhaupt. Dass beide einen Bachelor- abschluss haben, muss ich vermutlich gar nicht mehr hinzufügen." 

(Auszug aus: tumult-magazine Herbst 2022)

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