Insolvenz von Petri & Eichen und drohender Kahlschlag in der offenen Kinder- und Jugendarbeit in Bremen

Jugendliche im JHA 2020(von Rodolfo Bohnenberger)

Wie der Weserkurier vom 6.10.2025 berichtete, droht nach Huchting (Boxzeile, RAP-Projekt, Jungengruppe) und Horn-Lehe (Jugendhaus) nun als Folge der Insolvenz von Petri&Eichen gGmbH im Juni 2025 auch im Bremer Stadtteil Osterholz "ein Kahlschlag in der Kinder- und Jugendarbeit." - Die drohende Insolvenz deutete sich schon ab 2020 an, was dann zu mehreren Wechseln in der Geschäftsführung führte. Die "Bilanz von Petri und Eichen im Bundesanzeiger weist für das Bilanzjahr 2021 ein Minus von 232.132 und 2020 von 265.918 ,- Euro aus. Das bei einer Gesamtbilanz von annähernd 22 Millionen Euro im Jahr 2021. Annähernd 17 Millionen Euro entfielen 2021 auf die Löhne der [ca. 500] Angestellten. Dieser Posten dürfte in den vergangenen Jahren noch gestiegen sein." (Quelle: WK 26.09.2024

Komplette Schließung (wegen unzureichender staatlicher Refinanzierung!) droht ab 1. Januar 2026 bezeichnenderweise vor allem den präventiven, niedrigschwelligen und sozialräumlichen Angeboten."Das betrifft den Fitpoint, den Kinderbauernhof, das Jugendhaus Tenever, das alkoholfreie Jugendcafé und das Projekt Guckmal." Das Schulmeiderprojekt Fahrradpark ist auch dabei. "Letztlich ist damit ein großer Teil der Jugendarbeit in Osterholz betroffen. Sollten diese Einrichtungen bis Ende des Jahres keinen neuen Träger finden, liegt die Kinder- und Jugendarbeit in dem kinderreichen und von sozialer Benachteiligung betroffenen Stadtteil quasi brach." - Eine inzwischen von 2754 Unterstützern unterzeichnete Petition gegen diese Schließungsabsichten kann unter diesem LINK mitgezeichnet werden.

Die Petri & Eichen Kindertagesstätten wurden sofort nach der Insolvenz von der kommunalen KiTA Bremen übernommen. Der große Trägerverbund KJSH (Stiftung für Kinder-, Jugend- und Soziale Hilfen, tätig in Schleswig Holstein , Bandenburg und Berlin) hat den "rentablen" Hauptkuchen von Petri & Eichen, die Heimeinrichtungen inkl. teilstationäre und ambulante Hilfen übernommen. Hier haben sich also schnell Nachfolgeträger gefunden, denn hier gibt es eine halbwegs passable staatliche Refinanzierung, besonders für die "stationären Erziehungshilfen". - Die bundesgesetzlich verpflichtende Refinanzierung belastet den Bremer Haushalt dramatisch. Zwei Beispiele (siehe WK 21.10.2024): Für die "stationären Erziehungshilfen" musste die Stadt Bremen im Jahr 2021 ca. 150 Mio Euro (2021) berappen. Diese Kosten für außerfamiliale Unterbringungen (Heime, Pflegefamilien usw.) stiegen im Jahr 2024 auf 213 Millionen Euro an. Diese Steigerung hat auch was mit der wieder ansteigenden Zahl an Inobhutnamen und Aufnahmen ins Bremische Kinder- und Jugendhilfesystem für unbegleitete minderjährige Kinder und Jugendliche aus dem Ausland (umA) zu tun.  

Ulrich Mäurer schilderte die Problematik der unkontollierten und ungesteuerten Zuwanderung für Bremen im Weserkurier vom 02.10.2024 so: "Wir sind, wie die Mehrzahl der Städte und Kommunen, völlig überfordert mit der Aufnahme so vieler Menschen. Viele der Probleme gab es schon vorher, sie haben sich durch die massive Zuwanderung aber verschärft. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt zum Beispiel, wo es kaum noch möglich ist, eine günstige Wohnung zu bekommen. Wir haben enorme Schwierigkeiten schon im Kita-Bereich. Da fehlen die Plätze. Und so geht es weiter in Schule, Ausbildung und Arbeit. Es sind auch enorme finanzielle Belastungen damit verbunden. Alleine für die Unterbringung der unbegleiteten Jugendlichen hat Bremen in den letzten Jahren 408 Millionen Euro ausgegeben."

Am 21.10.2024 kündigte die SPD-Sozialsenatorin Claudia Schilling im Weserkurier bereits die kommenden Kürzungs-Maßnahmen in 2025 mit den Worten an: "...Die Gesetzeslage auf diesem Gebiet [stationäre HzE] gestalte "fast durchweg der Bund", sagt die Sozialdemokratin. "Der Großteil der Ausgaben lässt sich durch uns auf Landesebene kaum oder gar nicht gestalten." Da, wo Bremen freiwillig mehr Geld ausgibt als andere Bundesländer, gebe es gute Gründe. Bei der offenen Jugendarbeit beispielsweise...."

"Die LAG [Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege] zeigt sich außerordentlich besorgt über die, von den Koalitionsparteien angekündigten Eckwerte für die Haushalte für 2026/2027. Die geplanten Einsparmaßnahmen werden spürbare Auswirkungen auf die Angebotslandschaft der Stadt haben und die Träger zum Teil vor gravierende Herausforderungen stellen. Die LAG wendet sich ausdrücklich gegen eine pauschale Nullrunde bei den Zuwendungsbeträgen. „Von dieser Nullrunde sind alle Bereiche der sozialen Daseinsvorsorge betroffen, z.B. Frühberatungsstellen, Kinder und Jugendarbeit, Bürgerhäuser, Arbeit mit Geflüchteten bis hin zur Seniorenarbeit“, sagt Imke Sonnenberg, Vorstandsreferentin der LAG." (Quelle: https://www.sozialag.de/die-lag-kritisiert-die-von-den-koalitionsparteien-geplanten-eckwerte-fuer-den-haushalt-2026-2027/)

Was tun?

 Prävention in der KJH Pyramidenumkehr

Quelle: Angebotsabbau im Sozialbereich im „ZUWENDUNGSBEREICH“ stoppen! (Apell 2019 an alle Bürgerschaftsabgeordneten)

Zu betonen bleibt abschließend, dass die Kinder- und Jugendhilfe laut Gesetz nicht nur Notlagen mit Notinterventionen bearbeiten soll, sondern nach § 1, Abs. 3, Satz 5 SGB VIII (Sozialgesetzbuch 8) die Aufgabe zugewiesen wird, „dazu bei[zu]tragen, positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“. Die aktuelle Praxis weicht leider erheblich von dieser - bewusst im § 1 hervorgehoben - gesetzlichen Vorgabe ab.

In § 11 Absatz 1 SGBVIII heißt es: "Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen."

Die jetzt völlig überbetonten "Hilfen zur Erziehung" sind nachrangig gedacht und kommen deshalb erst ab § 27 Folgende SGB VIII ...