Der Bürgerschaftsbeschluss zur Grundsteuer wird die Mieten ab 2025 nach oben treiben

Weil die Stadt allen gehrtDIE.LINKE in Bremen hat ihren Bürgerschaftswahlkampf 2019 mit der zentralen Parole "Weil die Stadt allen gehört" mit Schwerpunkt Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik geführt und viele unter Wohnungsnot, explodierenden Mieten und Verdrängung leidende Bremer Bürger haben ihnen auch deshalb ihre Wahlstimme gegeben und ihre Regierungsbeteiligung erst möglich gemacht. Nach 6 Monaten Regierungszeit können wir eine erste Überprüfung dieses Leitmotivs an konkretem Regierungshandeln vornehmen; und zwar besonders am Beschluss zur Neuregelung der Grundsteuer ab 1. Januar 2025.

Das Gemeine ist: Die Folgen dieses Regierungsbeschlusses erschließen sich nicht auf den ersten Blick und es wird auch erst in 5 Jahren für die Bremer Mieter in drastischen Mieterhöhungen spürbar werden, weil erst dann die Vermieter die erhöhte Grundsteuer umlegen werden auf die Mieter. Dass diese Umlage auf die Mieter absurderweise überhaupt möglich ist, wurde nämlich gleich mitbeschlossen, obwohl es viele Initiativen aus dem linken Lager gab, genau dies bei der Neuregelung anders zu gestalten (siehe hier Mieterbund).

Im Weserkurier vom 30.01.2020 heißt es lediglich: "Klaus-Rainer Rupp (Linke) bekannte sich ebenfalls zur Grundsteuerreform. Einzige Einschränkung: Seine Partei hätte gern die Möglichkeiten zur Umlegung der Abgabe auf die Mieter eingeschränkt. Auch müsste die Reform aus Rupps Sicht nicht unbedingt aufkommensneutral umgesetzt werden."

Update 09.03.2020 :

Zur Umlage der Grundsteuer auf die Mieter über die Betriebskostenabrechnung:

Im Herbst 2019 beschloss der Bundestag, nach Beanstandung durch das Bundesverfassungsgericht, eine an den tatsächlichen jetzigen Immobilienwerten (und nicht den nivellierenden Flächen-Einheitswerten aus 1967) orientierte Regelung der Grundsteuer. Das war längst überfällig, für eine gerechtere Besteuerung nach tatsächlichem Wert der Immobilien. Die Bremer Landesregierung versprach sodann gleich, dass dies (z.B. über gerecht angepasste Hebesätze) so gestaltet werden sollte, dass in werthöheren Lagen das zu höheren Grundsteuern für die Immobilieneigener führt. In wertniedrigeren Lagen soll es zu Grundsteuersenkungen kommen; so zumindest der versprochene "einkommensneutrale" Plan auch in Bremen nach Beschluss vom 29.01.2020. Die Bundesregelung sieht (das ist zumindest sinnvoll) auch eine höhere Besteuerung von Brachflächen (Grundsteuer C) vor, womit Bodenspekulanten die profitable Möglichkeit, einfach abzuwarten und auf steigende Podenpreise zu setzen, genommen werden soll.

Gerechterweise, im Sinne der 62% Mieterhaushalte in Bremen, die in der Bürgerschaftsdebatte bezeichnenderweise kaum vorkamen, müsste die gesamte Grundsteuer komplett von allen Immobilienbesitzern alleine getragen werden. Nun behalten aber die vermietenden Immobilienbesitzer (damit ausgerechnet die Zocker und Spekulanten ebenfalls) die Möglichkeit, die ab 2025 viel höhere Grundsteuer schwuppdiwupps auf die Mieter umzulegen. Erstaunlich, dass die kleinen, ihre Wohnung selbst bewohnenden, Eigenheimbesitzer dagegen nicht schon längt auf die Barrikaden gegangen sind.

Das als "Umlageverfahren" bezeichnete Abwälzen der Grundsteuer auf die Mieter, könnte ab 2025 für Mietverhältnisse in Ortsteilen mit "besseren Lagen" und höheren Immobilienwerten zu drastischen Erhöhungen der Betriebskosten (umgelegte Grundsteuer darin) führen und damit dann auch langfristig zu Vertreibungsprozessenen von MieterInnen, die diese, auch als "zweite Miete" bezeichneten Kosten, nicht mehr tragen können. Also eine Verschärfung der Segregation, der sozialen Spaltung der Stadt, allen Lippenbekenntnissen zu einer besseren "Durchmischung" entgegenlaufend. Vorgesehen ist nur eine relativ zahnlose Steuerungsmöglichkeit dagegen: für gemeinnützige und soziale Wohnungen kann ein Abschlag von 25% auf die Grundsteuer verfügt werden. Richtig wäre z.B. genossenschaftlich bauen zu lassen und diesen dann die Grundsteuer komplett zu erlassen !

Überhaupt nicht mehr nachvollziehbar war die Argumentation von Klaus-Rainer Rupp in der Bürgerschaftsdebatte am 29. Januar 2020, in den Ortsteilen mit den "schlechteren" Lagen würden "automatisch" die gesenkten Grundsteuern zu einer Mietsenkung führen (wie denn automatisch ?) und als Folge davon würde das dazu führen, dass vermehrt von auswärts neue Bremer Bürger in diese Ortsteile mit unterstellten preiswerteren Mieten ziehen würden. Schöne Rupp'sche Märchenwelt - meilenweit entfernt von den Realitäten. Die Mieten werden ab 2025 wegen dieses Beschlusses mit Garantie in "besseren" Lagen steigen und mit großer Wahrscheinlichkeit wird von den Grundsteuersenkungen in "schlechteren Lagen" nichts bei den Mietern ankommen. Da war Björn Fekker von den Grünen weitaus realitischer in seiner Einschätzung genau dieser Entwicklung.

"Deshalb muss die Grundsteuer aus dem Katalog umlegbare Betriebskosten [auf die Mieter] in der Betriebskosten-Verordnung gestrichen werden!" "Wer von steigenden Immobilienpreisen und Immobilienwerten profitiert, soll auch die darauf entfallende Steuer zahlen.“ (vgl. Deutscher Mieterbund 10.09.2019) Diese vom Deutschen Mieterbund (und vielen anderen) mit recht kritisierte Abwälzung der Grundsteuer in der Betriebskostenabrechung auf die Mieter muss wahrlich beendet werden. Ein erster Versuch im Bundestag (unterstützt von Grünen und Linken) scheiterte an der CDU in der großen Koalition und - wie könnte es anders sein - an der FDP. Vorgesehen war, das Bürgerliche Gesetzbuch sowie die Betriebskostenverordnung zu ändern. Das Land Berlin hat daraufhin im Herbst 2019 eine Initiative für ein "Mieter-Grundsteuer-Entlastungsgesetz im Bundesrat" gestartet, die die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Mieter abschafft. Von einer entsprechenden Bremer Initiative konnten wir bisher noch nichts vernehmen ? Das könnte doch ein lohnendes Betätigungsfeld für Klaus-Rainer Rupp sein, das die 62% Mieterhaushalten in Bremen vor den drohendne Mieterhöhungen ab 1. Januar 2025 schützt.

Weitere Aspekte der Grundsteuerreform und der Hamburger Verhältnisse, finden sich in diesem aufschlussreichen Beitrag von Prof. Dr. Dirk Löhr in den Nachdenkseiten vom 17. 02.2020. (Mitglied der Baulandkommission der Bundesregierung und trat als Sachverständiger bei der öffentlichen Anhörung zur Grundsteuerreform im Finanzausschuss des Deutschen Bundestages auf.)

(Rodolfo Bohnenberger)