Hausdurchsuchung wegen politischer Kunst

Update Okt. 2023: Die vierte Kammer des Landgerichts hat Mitte Oktober festgestellt, dass die Hausdruchsuchung unzulässig war! Der Weserkurier berichtete am 16. Oktober (zum ersten Mal).

Presseerklärung von aufstehen Bremen zur Hausdurchsuchung bei Prof. Dr. Rudolph Bauer

Rudolph BauerDie Bremer Koordinierungsgruppe der aufstehen Sammlungsbewegung missbilligt die von der Bremer Polizei am 10.08.2023 bei dem 84-jährigen Künstler und ehemaligen Professor an der Universität Bremen Dr. Rudolph Bauer durchgeführte Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme von persönlichem Eigentum (u.a. sein Handy) als "Beweismaterial".

Der Einsatz der teils bewaffneten und mit Schutzwesten ausgestatteten Durchsuchungsbediensteten fußte auf einem Beschluss des Amtsgerichts Bremen, bei dem auf eine anonyme „Meldung der Meldestelle gegen Hetze im Netz - Respekt!” verwiesen wurde. Ein Ermittlungsverfahren des Kommissariats Staatsschutz bei der Direktion Kriminalpolizei des Landeskriminalamts Bremen sei eingeleitet worden.

Diese u.E. völlig ungerechtfertigte Vorgehensweise wurde damit begründet, Rudolph Bauer habe in seinen künstlerischen Bildmontagen „durch die faktische Gleichsetzung von demokratisch legitimierten Maßnahmen mit dem menschenverachtenden Vorgehen im Nationalsozialismus“ [..] in besonders verachtenswerter Weise die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Handlungen verharmlost“ (§ 130); außerdem werde ermittelt „wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ (§ 86).

Rudolph Bauer hatte zwischen 2020 und 2023 über 1.500 Bildmontagen kreiert, in denen auf satirisch-kritische Art zunächst die Corona-Politik verarbeitet wird und ab 2022 auch der Ukraine-Krieg, speziell die Rolle der Bundesrepublik als EU-Mitglied und NATO-Bündnispartner der USA.

Insgesamt sind fünf Broschüren in der Reihe „Edition Kunst“ erschienen. Einige dieser Kleinwerke veröffentlichte er zusätzlich unter #bauerrudolph auf der Social-Media-Plattform Instagram, wo sie mit einem weiteren Hashtag als politische Kunst gekennzeichnet wurden. „Bildmontagen“, lautet Bauers Beschreibung auf der Rückseite jeder Broschüre, „intervenieren bzw. korrigieren und verändern das Bestehende, Faktische – teils kritisch, teils parodistisch, satirisch und karikaturenhaft, teils auf heiter-spielerische Art, in ironischer Verkehrung.“ Damit sieht Rudolph Bauer sich in der Tradition von Künstlern wie John Hartfield, Kurt Schwitters, Hanna Höch, Fritz Roh oder George Grosz, die in ihren Collagen ebenfalls Kritik an der Obrigkeit und den gesellschaftspolitischen Verhältnissen äußerten.

Die Koordinierungsgruppe von aufstehen Bremen hat Dr. Rudolph Bauer 2018-2019 kennengelernt als einen kritischen Mitstreiter, der in der AG Demokratie engagiert war und sich in den von uns geschätzten kontroversen öffentlichen Diskurs eingebracht hat. Wir kennen ihn persönlich als engagierten Künstler und Friedensaktivisten mit einer - ohne jeden Zweifel - klaren antifaschistischen Haltung. Wir kennen ihn auch als Wissenschaftler, der Generationen von Studenten antifaschistische Haltung gelehrt und vorgelebt hat. Dokumentiert ist diese Arbeit in unzähligen Veröffentlichungen in renommierten wissenschaftlichen Verlagen.

Wir erwarten vom Bremer Innensenator Mäurer eine Entschuldigung für diese gegenstandslose Polizeiaktion. Der Artikel 5 des Grundgesetzes sollte auch in Bremen Gültigkeit besitzen, wo es u.a. heißt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten…“; sowie: „Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei.“ Den Vorwurf, Prof. Bauer habe durch die Verwendung von „Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ in einigen seiner künstlerischen Fotokollagen die faschistische Herrschaft verharmlosen wollen, halten wir für ungerechtfertigt. Das Gegenteil ist der Fall.

Koordinierungsgruppe aufstehen Bremen
i.A. Rodolfo Bohnenberger
Bremen, 25. August 2023