Schuldenbremse - Rutschbahn in die (Schul)Privatisierung

SchulprivatisierungIm Weserkurier vom 4. Febr. 2020 heißt es unter der Überschrift: "Brebau plant in Bremen die erste Schule". Damit beginnt die schon im Koalitionsvertrag angekündigte Schulprivatisierung, eine Folge der Unterwerfung unter die Schuldenbremse. Denn gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode des Bremer "Reformbündnis" wurden zwei neoliberale Dogmen festgeklopft:
1. Staatliche Kreditaufnahme und Investitionen zur Bereitstellung elementarer Daseinvorsorge und Bildung sind "böse"; und 2. die eigentlich selbstverständliche Option zur unbegrenzten staatlichen Geldschöpfung wird mit einem Denkverbot (mit Verfassungsrang) belegt. Wer es wagt, dass zu hinterfragen, landet wie Kopernikus und Galileo vor dem Inquisitionsgericht.

In der Regierungserklärung des Bürgermeisters Bovenschulte vom 29.08.2019 heißt es (Auszüge):

"Der Schulbau bedeutet eine riesige Herausforderung. ... 17 allgemeinbildende Schulen müssen in der Stadt Bremen komplett neu gebaut werden. 96 von 120 Standorten werden zudem ausgebaut." ... "Ganz oben auf der To-do-Liste stehen: Die Sanierung und der Aus- und Neubau von Schulen und Kindertagesstätten sowie die Einstellung des notwendigen Personals für die neuen Klassen und Gruppen." Aber - so heißt es etwas später: "Ab 2020 gilt die Schuldenbremse für alle Bundesländer – das heißt, wir müssen mit dem Geld auskommen, dass wir einnehmen. Die im Grundgesetz und der Bremer Landesverfassung verankerte Schuldenbremse fußt auf der Erkenntnis, dass immer mehr Schulden zu machen, keine Lösung von Problemen bedeutet, sondern neue schafft."

Nelson Jansen (Die.Linke), obwohl selbst kein Befürworter der Schuldenbremse, meinte aber in der Bürgerschaft am 15.08.2019 eine Lösung für das Dilemma gefunden zu haben: Es wäre klar, dass "wir für den Bau von Kitas und Schulen auch öffentliche Unternehmen wie die GEWOBA oder BREBAU beauftragen müssen, um dieser Aufgabe Herr zu werden. (Beifall DIE LINKE, SPD, Bündnis 90/Die Grünen)" (Bürgerschaftsprotokoll S. 24) Nun sind, trotz städtischer Besitzmehrheiten darin,  die dort als "öffentliche Unternehmen" gekennzeichneten Körperschaften alles andere als "öffentlich".

Die GEWOBA ist eine Aktiengesellschaft und die BREBAU eine GmbH. Öffentlich ist da nix. Die Bremer Eltern, Familien, Schüler, Lehrer dürfen nichts erfahren über interne Geschäftspraktiken und wichtige Unternehmensentscheidungen, geschweige denn mitentscheiden. Die Parlamentarier dürfen allerhöchstens VertreterInnen dorthin entsenden, die aber der Schweigepflicht unterliegen und - das darf natürlich nicht fehlen - Vorstandsbezüge einstreichen. Und - wir kennen das ja schon von den Bankenrettungen aus 2008-2009 - die Steuerzahler stehen trotzdem für aufgenommene Millionenkredite grade.

Aber es kommt noch "dicker", die Gewinnorientierung der BREBAU ist Voraussetzung für die ganze Idee, und dazu gibt es eine erstaunliche Allparteienkoalition, incl. CDU. "Dass es zu dem offenbar bereits sehr handfesten Schulbauprojekt der Brebau bisher nur vage Informationen und allgemeine Einschätzungen gibt, hat seinen Grund: Bremen unterliegt seit diesem Jahr der Schuldenbremse. Keine Kredite mehr, auch nicht für den dringend benötigten Bau von Schulen. Der Ausweg, stattdessen die Brebau zu beauftragen oder die um einiges größere teilstädtische Bau- und Wohnungsgesellschaft Gewoba, ist verbaut. Das Verbot, für öffentliche Zwecke Geld aufzunehmen, bezieht sich auch auf Unternehmen, die von Bremen beherrscht werden. Trotzdem kommt nun mindestens die Brebau ins Spiel. Wenn die Gesellschaft nämlich nachweisen kann, dass sie aus ureigenem wirtschaftlichen Interesse (Herv. d.V.) handelt und trotz des halben Senats, der im Aufsichtsrat sitzt, keinen politischen Vorgaben folgt, sollte die Kreditaufnahme für Bauprojekte möglich sein. Dafür muss jeder Anschein von irregulärer Einflussnahme vermieden werden. Deshalb die Vorsicht bei den Akteuren. Aus der Opposition kommt kein Widerspruch. „Es sollte jeder mögliche Weg gegangen werden, um dafür zu sorgen, dass die Kinder einen vernünftigen Schulplatz bekommen, wenn sie die Kita verlassen“, sagt Jens Eckhoff, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft. Wichtig sei nur, die Baukosten im Blick zu behalten. Das sei in der Vergangenheit beim Kitabau nicht immer gelungen. Eckhoff: „Bei der Brebau ist das, glaube ich, in besseren Händen als bei Immobilien Bremen.“"

Die Analysen von Carl Waßmuth, Vorstand des gemeinnützigen Vereins Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) sind hilfreich zum besseren Verstehen. (Siehe hier unter Videos) Eine von diesem Verein unterstützte Berliner Volksinitiative „Unsere Schulen“ (Schulprivatisierung Nein Danke) überreichte im Juli 2018 dem Präsidenten des Berliner Abgeordnetenhauses 30.402 Unterschriften. Waßmuth stellt mit Sorge fest, dass das Berliner Finanzierungs- (Langfrist-Privatisierungs-) Modell nun auch in Kassel, Duisburg, Gelsenkirchen und Frankfurt am Main Nachahmer gefunden hätte, ohne die Öffentlichkeit über die Langfrist-Risiken zu informieren. - Der Bremer Senat gehört nun leider auch zu diesen Nachahmern. Künftig sollen also immer mehr Schulen in Bremen einer privatrechtlich organisierten GmbH gehören, die die Schulen an das Bildungsressort in Bremen vermietet. Mit den staatlich garantierten Mieteinnahmen werden dann die über 30-40 Jahre laufenden Kredite (verzinst natürlich) abgezahlt werden, Investroren reiben sich die Hände, von solchen sicheren Kapitalanlagen träumen sie. Wenn alles gut geht, denn eine privatrechtliche GmbH könnte auch insolvent gehen, im Gegensatz zu einer landeseigenen Gesellschaft öffentlichen Rechts. Und das Ganze wird unterm Strich teurer und dauert länger, als wenn es die Stadt selbst gemacht hätte.