Sichtweisen und Einsichten zum Konflikt in der Ukraine und im Donbass

WeltkarteUkraineLuganskDonezkWir veröffentlichen hier einen gerade beginnenden Diskurs unter Mitstreitern und Freunden von #aufstehen Bremen zum geopolitischen Konflikt in der Ukraine unter der Rubrik "aufstehen kontrovers".

Wie auch schon zum Kosovo und zur Krim, geht es dabei auch um wesentliche Grundsätze des Völkerrechts. Im Völkerrecht gibt es dazu einander widersprechende Prinzipien. Nach dem Prinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen wäre eine Abspaltung des Donbass illegal. Aber nach dem Prinzip des Selbstbestimmungsrechtes der Völker kann die Bevölkerung dort frei entscheiden, in welchem Staat sie leben möchte. Danach hätten die Menschen im Donbass das Recht, sich von der Ukraine loszusagen, einen eigenen Staat zu gründen und selbst zu entscheiden, wie es danach weitergeht. Der sog. "Westen" hat mit der Abspaltung des Kosovo von Jugoslawien/Serbien einen Präzedenzfall geschaffen. Der Internationale Gerichtshof hat seinerzeit entschieden, dass eine einseitige Unabhängigkeitserklärung vom Völkerrecht gedeckt ist, auch wenn sie den Gesetzen des Landes widerspricht.

Die Beiträge sind in der Reihenfolge ihres Eingangs bei der Redaktion gelistet. Neben einer ersten Stellungnahme von Ekkehard Lentz und Hartmut Drewes gibt es weitergehende Einschätzungen und Forderungen, die fortlaufend ergänzt werden.

Persönliche Stellungnahme von Ekkehard Lentz und Hartmut Drewes, Sprecher Bremer Friedensforum (22.02.2022)
Bremen. Die Lage in der Ukraine und an den Grenzen der Ukraine hat sich zugespitzt. Russland erkannte die Volksrepubliken Donezk und Lugansk als Staaten an und ist auch zu militärischer Unterstützung der von der Ukraine abgefallenen Regionen bereit.

Die vorhergehende Forderung Russlands nach Gesprächen zwecks eines Sicherheitskonzepts für ganz Europa und der Garantie, dass die Ukraine nicht in die NATO aufgenommen wird, wurde vom Westen abgelehnt. Stattdessen begannen beide Seiten mit militärischen Schritten. Russland hielt zuletzt zwei große Manöver ab, eins zusammen mit Weißrussland, und die USA und die NATO, einschließlich Deutschland, verstärkten ihre Truppen in Osteuropa.

In dieser heiklen Situation bleibt als vernünftiger Schritt nur die Rückkehr an den Verhandlungstisch. Ziel müssen Sicherheitsgarantien für die Ukraine, aber auch die Wahrung der Sicherheitsinteressen Russlands sein. Wir brauchen ein Sicherheitssystem für ganz Europa.

Bei allem ist die Osterweiterung der NATO zu bedenken, die 1999 entgegen der Zusicherung der Westmächte vom März 1991 mit den Staaten Polen, Tschechien und Ungarn begonnen und bis 2009 mit neun weiteren Staaten weitergeführt wurde. In dem beiliegenden Secret-Paper (siehe auch DER SPIEGEL 8/2022) wird Jürgen Chrobog, Staatssekretär im Auswärtigen Amt, zitiert. Dieses ehemals als geheim eingestufte Dokument wurde vom - wohlgemerkt - US- Politikwissenschaftler Joshua Shifrinson gefunden. Darin heißt es u.a., "... wir haben deutlich gemacht, dass wir die NATO nicht über die Elbe hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Mitgliedschaft in der NATO anbieten..." Das Dokument wurde erstellt am 4. März 1991 vom deutschen Diplomaten Chrobog bei den "2 + 4 Verhandlungen". Es beweist, dass die Behauptungen von Politik und Medien, eine solche Vereinbarung habe es nicht gegeben, nicht der Wahrheit entsprechen.

Durch die Vergrößerung der NATO wurden die anfänglich abgegebenen Zusicherungen des Westens an Russland immer mehr in Frage gestellt und bedeuteten eine zunehmende Bedrohung für dieses Land, dessen Militärbündnis Warschauer Pakt bereits 1991 aufgelöst wurde.

Eingedenk der Probleme, die die NATO-Osterweiterung für Russland birgt: Die Anerkennung der "Volksrepubliken Donezk und Lugansk“ und die Entsendung russischer Truppen in diese Gebiete sind der falsche Weg. Wir sehen eine Eskalation des Konflikts, der bereits seit vielen Jahren eine gefährliche Entwicklung nimmt. Die Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung mit den Folgen einer humanitären Katastrophe rückt näher.

Umso wichtiger ist es jetzt, immer noch, zu Diplomatie und Verhandlungen zurückzukehren. Es gilt, in und für Europa eine Politik des Vertrauens und der Entspannung wieder herzustellen. Wir unterstützen die Forderungen aus der Friedensbewegung, dass die OSZE-Staaten schnellstmöglich zusammentreffen.


 

Rudolph Bauer verweist auf folgende drei Veröffentlichungen, die seine Position für eine diplomatische Anerkennung der Republiken im Donbass untermauern.

I. Uli Gellermann in der Rationalgalerie unter dem Titel: Anerkennung ukrainischer Republiken. Ein Akt der Sicherung des Friedens in Europa   https://www.rationalgalerie.de/home/anerkennung-ukrainischer-republiken

II. Wilfried Wagner schreibt in einem Kommentar:

Friedly Act A/RES/2625 (XXV). Vereinte Nationen 24. Oktober 1970. Der Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker

1) Kraft des in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker haben alle Völker das Recht, frei und ohne Einmischung von außen über ihren politischen Status zu entscheiden und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu gestalten und jeder Staat ist verpflichtet, dieses Recht im Einklang mit den Bestimmungen der Charta zu achten.
Das bedeutet, bezogen auf die Ukraine nach dem Staatsstreich 2014, das dieser Scheinstaat - wie auch die UNO - keine Berechtigung hatten, den Völkern der Krim das Völkerrecht zu streichen und eine Sezession zu verbieten, sondern die Bestimmungen der Resolution 2625 zu achten!

Auf keinen Fall haben Hochverräter - Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung 2014 - in keinem Staat dieser Erde über eine Sezession der von ihnen betrogenen Völker zu entscheiden!

2) Jeder Staat hat die Pflicht, sowohl gemeinsam mit anderen Staaten als auch jeder für sich, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker im Einklang mit den Bestimmungen der Charta zu fördern und die Vereinten Nationen bei der Erfüllung der ihnen mit der Charta übertragenen Aufgaben hinsichtlich der Anwendung dieses Grundsatzes zu unterstützen.

Das bedeutet, dass jeder Staat die Pflicht hat, die Bemühungen zur Gleichberechtigung und Selbstbestimmung eines Volkes zu unterstützen!

3) Die Gründung eines souveränen und unabhängigen Staates, die freie Assoziation mit einem unabhängigen Staat, die freie Eingliederung in einen solchen Staat oder der Eintritt in einen anderen, durch vom Volk frei bestimmten politischen Status sind Möglichkeiten der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts durch das betreffende Volk.
Das bedeutet, dass die Eingliederung - in den von den USA unabhängigen Staat der souveränen Russischen Föderation - ganz sicher den „Wertewesten“ nur dahingehend etwas anginge, indem diese Staaten die Bestimmungen der UN-Resolution 2625 von 1970 achten und unterstützen dürfen………………… mehr nicht!
Denn: jeder Staat hat die Pflicht - wie inzwischen bekannt - Völker bei der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung - zu unterstützen!

III. Tobias Riegel in den Nachdenkseiten unter dem Titel: Russlands Rote Linien – Und wer wirklich eskaliert https://www.nachdenkseiten.de/?p=81121


 

Wolfram Elsner plädiert ebenfalls für die diplomatische Anerkennung der Volksrepubliken und kommentiert:

(update 9.3.2022: Eine längere Stellungnahme zum Ukraine-Krieg. Eine Friedensrolle für China.Von Wolfram Elsner: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27967)

Die beiden Volksrepubliken sind die einzigen legalen und durch Volksabstimmungen legitimierten Überreste des alten Kunstprodukts „Ukraine“, deren letzte reguläre Wahlen 2010 den langjährigen Ministerpräsidenten, Wiktor Janukowytsch, zum Präsidenten der Ukraine gemacht haben, der dann durch das illegale und illegitime Maidan-Putschregime aus dem Amt vertrieben wurde. (Viele Details dazu übrigens in Putins 1-stündiger Rede.)

Die beiden Volksrepubliken sollten daher breit international diplomatisch anerkannt werden. Nach diplomatischer Anerkennung können sie selbstverständlich wie jeder legale und legitime Staat internationale militärische Beistandsabkommen schließen zur Rettung des eigenen Überlebens gegen die erklärten putschistischen Invasoren des Maidan-Regimes und SS-Nachfolger (das berüchtigte Nazi-Asow-Regiment rückt seit Oktober 2021 immer näher auf Donezk und Lugansk zu).

Die Sache ist denkbar einfach in dieser systematisch zugespitzten Situation: Diplomatische Anerkennung und militärischer Beistand oder nach 80 Jahren erneuter faschistischer Genozid an der russischen Bevölkerung im Donbass!

Die Russische Föderation MUSSTE die beiden Volksrepubliken völkerrechtlich anerkennen, UM einen militärischen Beistandspakt abzuschließen, der SIE SELBST BINDET und zu militärischer Hilfe bei Invasion durch die Ukro-Faschos VERPFLICHTET. „Credible Threat“ (glaubwürdige Drohung) nennt man das in der Spieltheorie (die die USA schon seit den 1950ern zur Entwicklung ihrer Kriegsstrategie benutzt und weiterentwickelt hatten). Das Einzige, das die Ukros noch davon abhalten könnte, in die Volksrepubliken einzufallen: das Wissen, dass sie es dann UNMITTELBAR mit der russischen Armee zu tun bekommen. Der notwendige Schuss vor den Bug auch der westlichen Kriegszündler. Hoffentlich hilft es noch, den Krieg gegen den Donbass und den Genozid an den Russen dort zu verhindern.

Zusätzlich verweist Wolfram Elsner, ergänzend zu Rudolph Bauer, auf die Antworten des Außenministers der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, auf Fragen des TV-Senders „Rossija 1“ (Moskau, 22. Februar 2022)

Frage [TV-Senders „Rossija 1“]: Wie können Sie die internationale Reaktion auf den Beschluss des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, über die Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk kommentieren? Darunter Vertreter der Vereinten Nationen, die sich auf die Dokumente über Respekt der Souveränität der Staaten berufen.

Sergej Lawrow: Die Reaktion ist bekannt. Sie ist schon in aller Munde. Damit sind TV-Bildschirme und Medien, Internet, Soziale Netzwerke überfüllt. Die Reaktion war erwartet, was unsere westlichen Kollegen betrifft. Sie haben sich in den letzten Jahrzehnten daran gewöhnt, alle Probleme auf die Russische Föderation abzuwälzen, uns alles zur Last zu legen. Natürlich wurden wir darauf aufmerksam, Sie erwähnten die Reaktion des UN-Generalsekretärs, dessen Sprecher sagte, das Antonio Guterres unseren Beschluss über die Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Lugansk als Beschluss betrachte, der das Prinzip der Souveränität und territorialen Integrität verletze. Unsere Kollegen im UN-Sekretariat sollen sich auf Beschlüsse stützen, die in dieser Organisation verabschiedet wurden. Die Beschlüsse, die dabei entscheidend sind, was die Umsetzung der Prinzipien und Ziele der UN-Charta betrifft. Sie wurden einstimmig auf Grundlage von Konsens angenommen, also mit Stimmen aller ohne Ausnahme Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen.

Was das Prinzip der Souveränität und territorialen Integrität betrifft, ist eines der wichtigsten Dokumente, das alle Juristen als grundlegendes Dokument bei der Deutung der UN-Charta bezeichnen, die Erklärung über Grundsätze des Völkerrechts betreffend freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten betreffen. Sie wurde 1970 verabschiedet und verlor nicht ihre Aktualität. Diese Deklaration wurde nie und nirgendwo in Frage gestellt. Bei der Deutung des Prinzips der Souveränität und territorialen Integrität wird in dieser Deklaration hervorgehoben, dass es „in Bezug auf alle Staaten, die in ihren praktischen Handlungen das Prinzip der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker einhalten, und dementsprechend Regierungen haben, dieohne Unterschied von Rasse, Glauben bzw. Hauptfarbe das ganze Volk, das auf diesem Territorium wohnt, vertreten, eingehalten werden soll“.

Ich denke, dass niemand behaupten kann, dass das ukrainische Regime, seit dem Staatsstreich 2014, das ganze Volk vertritt, das im ukrainischen Staat wohnt. Viele Regionen der Ukraine lehnten solchen verfassungswidrigen Schritt ab, der die tragischen Seiten in der ukrainischen Geschichte einleitete. Das, was sich auf der Krim, in der Ostukraine ereignete, zeigt, inwieweit diese Regierung, dieses Regime von Millionen Einwohnern der Ukraine damals verleugnet wurde.

Ich möchte, dass die Führung des Sekretariats sich auf Basisprinzipien, auf denen die Organisation gemäß den Beschlüssen der Mitgliedsstaaten beruht, stützt, bevor man irgendwelche Erklärungen macht.

Frage: Wie ist jetzt das Schicksal der Minsker Abkommen?

Sergej Lawrow: Die Minsker Abkommen wurden vom ukrainischen Regime mit Füßen getreten. Sofort nach ihrer Unterzeichnung kam Präsident Pjotr Poroschenko in die Oberste Rada und begann sich zu rechtfertigen, statt dieses sehr wichtige Dokument zu verteidigen, das es ermöglichte, den Krieg zu stoppen und einen Weg zur friedlichen Regelung der Aufrechterhaltung der territorialen Integrität der Ukraine eröffnete. Der damalige Außenminister Pawel Klimkin begann zuzusichern, dass diese Abkommen nichts wert seien, es sei einfach ein „Stück Papier“, und die Ukraine keine Verpflichtungen übernommen habe. Sie hatten Angst davor, die eigene Position, den Konsens, der in Minsk unter Teilnahme der Präsidenten der Ukraine, Russlands, Frankreichs und Deutschlands erreicht worden war, zu verteidigen. Doch dass die Kollegen jetzt die Schuld auf Russland für den Zerfall der Minsker Vereinbarungen abzuwälzen versuchen – das verstehen wir auch.
Unsere europäischen, amerikanischen, britischen Kollegen werden sich nicht beruhigen, solange sie ihre Möglichkeiten für die so genannte „Bestrafung“ Russlands nicht ausschöpfen. Sie drohen bereits mit allen möglichen Sanktionen - „höllischen“ oder, wie man jetzt sagt, „Mutter aller Sanktionen“. Wir haben uns daran gewöhnt, Präsident Wladimir Putin bezeichnete bereits unsere Position. Wir wissen, dass Sanktionen jedenfalls eingeführt werden, mit und ohne Anlass.

Ich möchte zu meinem großen Bedauern eine negative und provokative Rolle der Europäischen Union hervorheben, die bereits nicht zum ersten Mal beweist, dass sie nicht für ihre Worte und Taten zuständig sein kann. Vor dem Staatsstreich im Februar 2014 wares gerade die EU, vertreten durch Außenminister Deutschlands, Polens und Frankreichs, die als Garant des Abkommens, das damals zwischen der Opposition und Janukowitsch unterzeichnet worden war, auftrat. Als die Opposition dieses Abkommen am nächsten Morgen brach, wobei auf Vertreter der Europäischen Union gepfiffen wurde, musste die EU sich damit abfinden. Kurz danach sagte die EU, dass es nicht ganz ein Staatsstreich, sondern Teil eines demokratischen Prozesses war. Es ist beschämend. Als jene, die die EU verziehen hat und sogar unterstützte, unverzüglich mit russlandfeindlichen Initiativen begannen, hörte er schweigend und rief diese Menschen dazu auf, die Gewalt „proportionell“ anzuwenden. Als die Krim-Bewohner gegen den Versuch auftraten, ihre Region mit Gewalt zu ergreifen, wurden freiwillige bewaffnete Bataillone geschickt, um das Parlament der Republik Krim zu erstürmen. Damals wälzte die EU alles erleichtert auf die Russische Föderation ab.

Mit viel Mühe wurde geschafft, das Blutvergießen im Donezbecken im Februar 2015 zu stoppen, wieder unter Teilnahme europäischer Vertreter, und zwar der Anführer Frankreichs und Deutschlands, in Minsk wurden bei mehrstündigen Verhandlungen auf der höchsten Ebene die Minsker Abkommen abgestimmt, um deren Schicksal man sich jetzt Sorgen macht. Die ganzen sieben Jahre lang wurden unsere europäischen Kollegen darauf täglich aufmerksam gemacht, dass Kiew von ihnen nichts hält. Die ukrainischen Behörden machen nichts, sagen aber dabei öffentlich, dass sie die Minsker Abkommen nicht erfüllen werden.

Wir haben auf unserer Website eine ganze Liste solcher Zitate von Wladimir Selenski und seinem ganzen Team veröffentlicht und verbreiten diese Liste im UN-Sicherheitsrat. Denn anders könnten wir es kaum sicherstellen, dass Vertreter der Weltgemeinschaft über die Aktivitäten und Ideen des ukrainischen Regimes erfahren. Die EU tut nun einmal nichts, um Kiew zur Umsetzung der Vereinbarung zu bewegen, die unter unmittelbarer Beteiligung Paris‘ getroffen wurde. Sie erklären ja seit einem bzw. eineinhalb Jahren immer wieder, dass Russland in Wirklichkeit eine Konfliktseite wäre, dass Kiew nicht verpflichtet wäre, mit Donezk und Lugansk zu verhandeln, und es sollte mit Russland sprechen, weil die beiden nichts entscheiden.

Ich muss solche empörenden Positionen hervorheben, die von unseren europäischen Kollegen zum Ausdruck gebracht werden. In jedem anderen Konflikt, der in der UNO so oder so behandelt wird (und die Minsker Vereinbarungen wurden vom UN-Sicherheitsrat gebilligt, und in der Resolution stand klar und deutlich geschrieben, dass Kiew, Donezk und Lugansk die Seiten sind), lehnt der Westen das Prinzip des direkten Dialogs zwischen Ländern nicht ab. Sehen Sie sich die Situation in Zypern an: Im Norden wurde einseitig die Türkische Republik Nordzypern ausgerufen, die die Resolutionen des UN- Sicherheitsrats nicht erfüllen will, aber niemand versucht es, Vertretern Nordzyperns das Recht auf Teilnahme am Dialog abzustreiten. Oder nehmen wir die Situation in Äthiopien, in der Zentralafrikanischen Republik oder in jedem anderen Land, wo es einen innenpolitischen Konflikt gibt. Nirgendwo bestreitet der Westen die Notwendigkeit des direkten Dialogs. Aber hier spricht er der Donbass-Region dieses Recht ab, nur weil die Behörden in Kiew ihre westlichen Betreuer zwingen, ihren Russlandhass zu teilen oder einfach verschweigen – als Triebkraft für alles andere. Ich rede in der Vergangenheit. In der Situation, als die Minsker Vereinbarungen schon seit mehreren Jahren tot waren, weil Kiew seine Verpflichtungen sabotierte, während der Westen auf diese Position des Kiewer Regimes ein Auge zudrückte. Es ist allen klar, dass diese Vereinbarungen nicht von uns begraben wurden. Sehr kennzeichnend ist auch die Unfähigkeit der Europäischen Union, die Umsetzung ihrer eigenen Entscheidungen voranzutreiben. Das gilt nicht nur für die Ukraine-Krise, wo die EU mit ihren Garantien gescheitert ist, sondern auch für andere Richtungen der außenpolitischen Aktivitäten dieser Organisation.

Erwähnenswert ist beispielsweise die Kosovo-Krise. Da wurde einseitig die Unabhängigkeit ausgerufen, wobei die absolut meisten demokratischen Staaten aktiv „applaudierten“. Dabei wurde diese Unabhängigkeit nicht während der Gefechte ausgerufen, sondern während des direkten Dialogs zwischen Belgrad und Pristina. Das war im Jahr 2008. Der Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs, Ex-Präsident Finnlands, Martti Ahtisaari, war für diese Richtung zuständig. Die Verhandlungen gingen ruhig weiter, aber plötzlich sagte er: „Wir müssen binnen einer gewissen Zeit die Vereinbarung treffen.“ Dabei legte er eine gewisse Deadline fest. Belgrad fragte, warum, doch ihm wurde das nicht erklärt. Die Kosovo-Albaner sahen ein, dass die Zeit auf ihrer Seite war, und blockierten jegliche Fortschritte bei den Verhandlungen mit Belgrad. Als die im Ultimatum bestimmte Zeit abgelaufen war, verkündete der frühere Präsident Finnlands die Unabhängigkeit der Region Kosovo. Das ist, wozu direkter Dialog führt. Später, im Jahr 2013, bemühte sich die Europäische Union nach dem entsprechenden Aufruf der UN- Vollversammlung um den Dialog zwischen Belgrad und Pristina, und noch im selben Jahr wurde ein Konsens zur Bildung der Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten im Kosovo erreicht. Genauso wie die Minsker Vereinbarungen einen Sonderstatus und gewisse Rechte für die Donbass-Region vorsahen, sah auch die Vereinbarung zur Bildung der Gemeinschaft serbischer Munizipalitäten im Kosovo ähnliche sprachliche und kulturelle Rechte für den Norden Kosovos vor, wo die Serben lebten. Aber seit 2013 weigert sich Pristina, seine Verpflichtungen zu erfüllen, die es im Sinne des damaligen Konsenses übernommen hatte, und die EU ist völlig hilflos und kann nichts damit tun. Also zweifeln wir immer mehr an der Fähigkeit der Europäischen Union, als Vermittler (wie sie sich selbst positioniert) zu handeln und dabei wenigstens einen minimalen Erfolg zu haben. Wir plädieren nach wie vor dafür, dass alle Probleme auf friedlichem Wege gelöst werden. in diesem Zusammenhang machen wir uns große Sorgen über die kriegerische Rhetorik des Kiewer Regimes, über die andauernden Waffenlieferungen, über Gefechte, die vom Kiewer Regime an der Grenze an die Volksrepubliken Donezk und Lugansk initiiert werden, die kein Ende finden. Aber jetzt wurden die Verträge über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe zwischen Russland und diesen neuen Staaten unterzeichnet, denen zufolge wir ihre Sicherheit garantieren. Ich denke, alle verstehen das.

Frage: Wäre das Kiewer Regime bereit, unter diesen Umständen eine weitere Eskalation einzugehen? In seiner „Nachtrede“ sagte Wladimir Selenski, dass man zu „konkreten Handlungen“ übergehen müsste.

Sergej Lawrow: Ja, ich habe gelesen, was er da gesagt hat. Von ihm kann man alles erwarten. Es ist ein unausgeglichener und unselbstständiger Mann, der von seinen amerikanischen Betreuern unmittelbar abhängig ist. Was übrigens den Einfluss der USA auf die Ukraine angeht, so musste ich mich sehr wundern, als ich die Erklärung der US- Botschafterin bei der UNO, Linda Thomas-Greenfield, las. Sie sagte nämlich, Russland würde allen damit Angst machen, dass die Ukraine versuchen könnte, an die russischen Atomwaffen ranzukommen, während die Ukraine das gar nicht wolle. Aus dieser Erklärung könnte man schließen, dass wenn die Ukraine das will, dürfte sie eigene Atomwaffen bekommen. Auf all diese rhetorischen „Eskapaden“ greifen unsere westlichen Kollegen zurück, nur um diese Konfrontation noch weiter anzufeuern. Sie versuchen gar nicht, nach Wegen zur Senkung des Spanungsgrads zu suchen, den sie selbst so hoch getrieben haben, und versuchen nur, die Russische Föderation aus dem Gleichgewicht zu bringen und unsere Entwicklung einzudämmen, wie Präsident Putin in seiner gestrigen Ansprache an das russische Volk gesagt hat. Das ist traurig. Wir sind nach wie vor für den Dialog offen. Wir wollen verstehen, worüber dieser Dialog nur geführt werden könnte. Wenn darüber, dass Russland erniedrigt und für alles verantwortlich gemacht wird, dann kommt ein solches Gespräch nicht infrage. Falls unsere Partner die legitimen Besorgnisse Russlands gehört haben, die wir noch im Dezember 2021 zum Ausdruck brachten, was das Projekt der juristisch verbindlichen Sicherheitsgarantien in Europa angeht, dann sind wir bereit, diesen Dialog fair, auf Basis der Gleichberechtigung, des Respekts und der Interessenbalance weiter zu führen. Dieser Dialog sollte sich auf die Erfüllung aller Verpflichtungen stützen, die wir zuvor zwecks Förderung der gleichen und unteilbaren Sicherheit für alle in unserer gemeinsamen Region übernommen haben.


 

Rodolfo Bohnenberger betont die Notwendigkeit einer neutralen Ukraine, die im ureigensten Interesse der Menschen in der Ukraine und ganz Europa incl. Russland ist.

Die Strategen des US-Imperiums sagen ganz offen, dass es seit über 100 Jahren ihr Ziel ist, zwischen Europa und vor allem Deutschland und Russland einen Keil zu treiben. In dem Video von 2015 (siehe weiter unten) läßt George Friedman vom US Think Tank STRATFOR keinen Zweifel an den wahren Absichten der US-Machteliten aufkommen.

Nach George Friedman soll ein Keil vom Baltikum über Polen, Rumänien und Bulgarien bis zum Schwarzen Meer gezogen werden, der eine friedliche win-win Kooperation zwischen dem wirtschaflich und technologisch starken Deutschland/Europa und der rohstoffreichen Russischen Föderation verhindert. Die ganze eurasische Platte incl. der inzwischen größten Wirtschaftsnation China sollen aus US-Machtelitensicht nicht zusammenkommen dürfen, weil sie wissen, dass es ihren Untergang als Alleinherrscher der Welt bedeuten würde. Im ersten und zweiten Weltkrieg gelang es der "City of London" und der "Wall-Street" mit Intrige, Geheimstrategie, mit Kapitalspritzen und Öllieferungen an beide Kontrahenten, die Widersprüche untern den europäischen Ländern geschickt auszunutzen, um sie gegeneinander aufzuhetzen und in fürchterliche Selbstzerstörungskriege zu treiben, was den Aufstieg der USA zum Weltimperium erst möglich machte.

Kampf um das "Heartland"

Halford Mackinder sprach 1902 im Namen des damals dominierenden Britischen Empire über die notwendige Kontrolle des sog. "Heartland" (das eurasische Herzland). Der Stratege George Friedman schließt unmittelbar aus Sicht des US-Imperiums unmittelbar daran an. Ein starkes verbundenes Eurasien, müsse deshalb - so führt er aus - mit Finesse, ohne moralische Skrupel und gezielten Militärstrategien verhindert werden. Zbigniew Brzeziński, führender Geostratege der USA, Berater von US-Präsident Carter und aller folgenden US-Präsidenten bis zu Obama, beschrieb in seinem Buch „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ ("The Grand Chessboard", 1997) die notwendige Einkreisungspolitik gegenüber Eurasien. Die Ukraine, von Brzeziński als geostrategisches Schlüsselland beschrieben, wird dabei als Spielfigur auf dem Schachbrett benutzt.

Das Schicksal der Menschen in Europa interessiert die US-Strategen nur insofern, als sie tributpflichige Vasallen bleiben sollen. Die Ziele des US-Imperiums sind aktuell: Nord Stream 2 und die Gasexporte aus Russland nach Europa stoppen; das eigene dreckige Frackinggas den Europäern anbieten; die Preise hochtreiben, wirtschaftliche Not und Schockzustände herbeiführen und die Öffentlichkeit in Europa mit einem geschickten Meinungsmanagement weiter anti-russisch einzustimmen. Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst. Seit 30 Jahren läuft die NATO-Propaganda in fast allen Leitmedien auf Hochtouren genau in diese Richtung.

Kriegskanzler der Schande

Darauf aufbauend verkündete Kanzler Olaf Scholz (SPD) - ja der, der im letzten Jahr bei 3% Inflation den Hartz IV Beziehern ganze 3 Euro/Monat "mehr" großzügig zugestanden hatte - am 27.02.2022 im Bundestag: Wir haben "gestern entschieden, dass Deutschland der Ukraine Waffen zur Verteidigung des Landes liefern wird". Deutsche Waffen gehen nun auch an die vielen in den letzten Jahren in den ukrainischen Staatsapparat integrierten faschistischen Organisationen (Stichwort: regierungsoffizieller Bandera Kult). Noch mehr Menschen werden (auch mit deutschen Waffen) sinnlos ihr Leben lassen. "Die Waffen nieder" wäre die Losung eines Friedenskanzlers gewesen.

Pro Jahr rund 70 Milliarden Euro jährlich (2% vom BIP), 20 Milliarden mehr als bislang, sollen künftig in Waffen und Kriegsgerät fließen. Scholz verkündet: "Wir werden dafür ein Sondervermögen "Bundeswehr" einrichten. Und ich bin Bundesfinanzminister Lindner sehr dankbar für seine Unterstützung dabei! Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen. Wir werden von nun an - Jahr für Jahr - mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren."  Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat gleich ein Angebot nachgeschoben. In deren Führungsetagen knallten die Korken. Die geschockte Öffentlichkeit wurde überfallartig mit einem gigantischen Rüstungsprogramm überrumpelt; die 100 Milliarden "Sondervermögen" sollen zudem im Grundgesetz verankert werden. Das ist ein historischer Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Zurück auf 1914?  Willy Brandt würde sich im Grabe umdrehen.

Welche Interessen und Ziele haben wir?

Die historisch verwurzelte, kulturelle Verbundenheit Europas mit Russland ist zu bewahren. Eine neutrale Ukraine ist im ureigensten Interesse der Menschen vor Ort und im gesamteuropäischen Interesse. Das chinesische win-win Seidenstrassenprojekt bringt ganz Eurasien und Südostasien zum Vorteil aller zusammen und ist zu unterstützen.

Der sich vollziehende wirtschaftliche Niedergang des US-Imperiums ist ökonomische Realität. Die Vasallenmentalität in der Bundesregierung und bei EU Kommissionspräsidentin Uraula von der Leyen gegenüber dem US-Imperium schadet den hier lebenden Menschen. Deshalb: NATO raus und raus aus der NATO! Die Bundeswehr muss auf die im Grundgesetz ursprünglich vorgesehene Landesverteidigung wieder zurückgeführt werden.