Lesung Novemberrevolution 1918 Teil II

Teil II "Es wär' zu schön gewesen ..."

Am 4. November vor einhundert Jahren erhoben sich die Kieler Matrosen und forderten den Frieden. Am 6. November gingen rund 10.000 Soldaten in Wilhelmshaven zusammen mit Werftarbeitern der Stadt auf die Straße und forderten den Frieden und die Errichtung einer sozialistischen Räterepublik. Das Datum markiert den Anfang der Novemberrevolution 1918. Soldaten-, Arbeiter- und Bauernräte standen am Beginn der demokratischen Entwicklung in Deutschland. Sie erreichten das Ende des Krieges, die Abschaffung der Monarchie, den 8-Stunden-Tag und die Einführung sowohl der Rede- und Pressefreiheit als auch des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts für Männer und Frauen.

Chronik der Novemberrevolution 1918 in Bremen:

  • 06.11. Novemberrevolution in Bremen: Bildung eines Arbeiter- und Soldatenrates, der durch USPD und Linksradikale (Kommunisten) dominiert wird.
  • 14.11. Der Arbeiter- und Soldatenrat übernimmt die Funktion der Legislative, der von ihm gewählte Aktionsausschuss die der Regierung, während der Senat als Verwaltungsspitze weiter amtiert. Bildung eines gemeinsamen 12er Ausschusses von Senat und Aktionsausschuss.
  • 23.12. Die SPD verlässt Aktionsausschuss und Arbeiterrat.
  • (1919) 10.01. Proklamation der sozialistischen Republik Bremen, Einsetzung eines Rates der Volksbeauftragten durch USPD und KPD, Absetzung von Senat und Bürgerschaft; Konfrontation mit der Reichsregierung.
    19.01. Der Rat der Volksbeauftragten beschließt die Wahl einer bremischen Volksvertretung am 9.3., um vor allem den Druck der Banken auf den nahezu bankrotten Staat zu mindern.
  • 25.01. Gustav Noske (SPD) beauftragt General Walther von Lüttwitz mit der Wiederherstellung der Ordnung in Bremen.
  • 04.02. Der Einmarsch der Division Gerstenberg und Freikorps Caspari schlägt die Bremer Räterepublik blutig nieder; bei Gefechten kommen 81 Menschen ums Leben. Bildung einer provisorischen Regierung, Verhängung des Belagerungszustands. 14 Jahre später folgte der Naziterror, der von eben jenen Freikorps gutgeheißen und befördert wurde.

Zur Erinnerung an die Rätebewegung sowie zur Feier des Friedens und der demokratischen Errungenschaften der Novemberrevolution fand am Sonntag, den 4. Nov. um 17 Uhr in der Villa Ichon und am 8. Nov. 2018 17 Uhr im Nachbarschaftshaus Helene Kaisen in Gröpelingen eine Lesung statt. Es wurden Texte aus der Zeit der Rätebewegung vorgetragen: Erinnerungen an die Grausamkeiten des Weltkrieges, Beispiele für die politischen Hoffnungen und sozialen Erwartungen der Arbeiter und Soldaten, aber auch Rückblicke auf die Gründe für die Niederlage der revolutionären Bewegung und für das an ihren Verteidigern verübte Massaker, welches auch in Bremen seine Blutspuren hinterlassen hat. Gelesen wurden Texte von Revolutionären wie Kurt Eisner, Erich Mühsam, Ernst Toller und Karl Liebknecht. Die tödliche Fratze des Krieges zeigt sich in Gedichten und Kurzprosa von Arno Holz, Kurt Schwitters, Otto Nebel, Karl Kraus und Carl Einstein. Aus der Rückschau äußern sich Kurt Tucholsky, Erich Kästner und Alfred Döblin. Die Werke all der genannten Schriftsteller wurden nur 15 Jahre später nach der Novemberrevolution, am 10. Mai 1933, von den Nazis verbrannt. Auch daran sollten die Lesungen angesichts erneuter faschistischer Verbrechen sowie der ihnen dienstbaren Ideologien und Institutionen erinnern und einen Beitrag zum Widerstand dagegen leisten.