Leserbriefe

Sehr geehrte Damen und Herren!
Der Artikel "Zu quer gedacht" von Esther Geißlinger informiert leicht ironisierend über das Schicksal eines Parteimitgliedes der Grünen aus Flensburg, der auf der großen Corona-Demo von "Querdenken" am 29.08.2020 in Berlin eine Rede gehalten hat und deswegen von seinen Kollegen aus der Rathausfraktion ausgeschlossen wurde. Das beigefügte Bild von Demonstranten vor dem Reichstag und der Bildtext "Der Grüne bekam viel Applaus von rechts: Reichsflaggen vor dem Bundestag am vergangenen Samstag"  führt die Leser gezielt in die Irre: Denn der Grüne redete nicht vor der separaten Kundgebung von Rechten vor dem Reichstag, sondern auf der Kundgebung bei der Siegessäule mit Zehntausenden von Teilnehmern.
Denunziatorisch ist auch der Titel "Corona-Leugner im Anmarsch" von Marco Carini über eine geplante Demo in Hannover. Es geht bei den Kundgebungen nicht um die Leugnung des Corona-Virus, sondern um eine Kritik an den Maßnahmen der Bundesregierung, die viele für überzogen halten, was Gesundheitsminister Jens Spahn mittlerweile selber teilweise einräumt.
Wieviel Vertrauen soll man in die TAZ-Berichterstattung zum Thema Corona-Demos haben, wenn die LeserInnen auf einer Seite gleich zweimal verarscht werden?

Mit freundlichem Gruß
Walter Ruffler
(Der Leserbrief wurde heute in der TAZ Nord, S. 22 abgedruckt.)
 

Leserbrief zu: "Freiwillige gesucht" im Weserkurier vom 24. Juli 2020

EkkehardBundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre neuen Pläne für einen freiwilligen Wehrdienst vorgelegt. Bereits die Bezeichnung "Freiwilliger Wehrdienst im Heimatschutz" ist äußerst fragwürdig. Der belastete Begriff suggeriert, die Heimat sei bedroht und müsse durch Waffengewalt geschützt werden. Gern verwenden ihn Nazi-Kameradschaften und so genannte Bürgerwehren. Der "Thüringer Heimatschutz" brachte die NSU-Terroristen hervor.

"DeinJahrfuerDeutschland" ist ein weiterer Beitrag der "Verteidigungs"ministerin zur Nachwuchsrekrutierung und zur Militarisierung der Gesellschaft. Die Bevölkerung soll an die Präsenz von Militär im öffentlichen Raum und weitere Kriegseinsätze der Bundeswehr im Ausland gewöhnt werden.

Bedenklich ist der aktuelle Vorstoß von Frau Kramp-Karrenbauer auch wegen der offensichtlich bestehenden rechten Netzwerke bei der Bundeswehr. Jetzt besteht die Gefahr, dass unter dem Deckmantel des Heimatschutzes noch mehr Rechtsextreme und Neonazis in den Kasernen landen, also eine zusätzliche Gelegenheit, um eine Ausbildung an der Waffe zu bekommen.

Es gibt keinen Mangel an guten, zivilen Freiwilligendiensten wie das Freiwillige Soziale und das Freiwillige Ökologische Jahr. Ulrich Schneider, Paritätische-Hauptgeschäftsführer, ist zuzustimmen: "Wenn junge Leute für eine soldatische Ausbildung 1000 Euro Sold im Monat bekommen und Freiwillige in sozialen Diensten maximal 300 Euro, dann läuft etwas ganz grundlegend falsch."

Wir brauchen keinen Freiwilligendienst der Bundeswehr. Die Krisen, die in unserer Heimat tatsächlich wirklich sind, können von Sozialverbänden, THW und Feuerwehr besser bewältigt werden. Um Kranke zu pflegen und beispielsweise Sandsäcke bei Unwetterkatastrophen zu schleppen, werden keine an der Waffe ausgebildeten jungen Menschen benötigt.

Ekkehard Lentz, Bremen

(veröffentlicht im Weser Kurier 30. Juli 2020)